Zum ersten Gottesdienst im neuen Jahr besuchte Bischof Jörg Vester die neuapostolische Kirchengemeinde Eberbach. Eingeladen waren auch die Kirchengemeinden Neckarsteinach-Darsberg, Haßmersheim, Michelstadt und Mosbach.
Seiner Predigt legte er das Bibelwort aus Psalm 101, 6 zugrunde:
"Meine Augen sehen nach den Treuen im Lande, dass sie bei mir wohnen; Wer auf rechtem Wege geht, der dient mir.“
Er erläuterte kurz den Kontext des Bibelwortes, das in der Luther-Übersetzung der Bibel überschrieben ist mit "Die Verpflichtung des Königs“.
In seiner Wortverkündigung ging Bischof Vester auf das Jahresmotto „Treue zu Christus“, auf die verschiedenen Aspekte des Wortes „Treue“ und auf die konkrete Bedeutung für Christen ein:
1. Treu sein als Christ heiße, den Willen Gottes nach dem Vorbild Jesus Christus an erste Stelle zu setzen. Jesus Christus hat als wahrer Mensch auf dieser Erde gelebt und vor seinem Opfertod Gott gebeten, „diesen Kelch“ (den Tod am Kreuz) an ihm vorüber gehen zu lassen, um dann hinzuzufügen „aber nicht mein, sondern Dein Wille geschehe!“ Von uns würde ein solches Opfer nicht gefordert, aber auch in unserem Leben als Christen laufe nicht immer alles rund und trotzdem sei Gott immer bei uns. Wir würden als Menschen eben zu sehr dazu tendieren, die Liebe oder den Segen Gottes an wirtschaftlichem Erfolg oder Gesundheit etc. zu messen. Dabei habe Jesus Christus schon seinen Jüngern ganz offen gesagt, dass sie in seinem Namen leiden würden, verfolgt, gefangen genommen und sogar getötet werden würden. Auch uns würde das eine oder andere nicht erspart werden, obwohl Gott uns liebt… Auch wir seien eventuell schon wegen unseres Glaubens verspottet worden. Hier gelte es, den Glauben festzuhalten, selbst wenn manchmal schon so sehr an "dem Fundament des eigenen Glaubensgebäudes“ gerüttelt würde, dass es zu bröckeln anfinge.
2. Treu sein heiße auch, Jesus Christus nachzufolgen und damit wie er unseren Nächsten zu lieben und ihn in seiner Andersartigkeit oder seiner anderen Meinung zu respektieren. Als Beispiel nannte er die Geschichte aus der Bibel, als die Schriftgelehrten Jesus fragten, was er zu der Sünderin, die des Ehebruchs angeklagt war, zu sagen hatte. Jesus hatte nicht gleich geantwortet, sondern erst einmal geschwiegen und in den Sand gemalt, bevor er den bekannten Satz „Wer von Euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein“ aussprach. Auch allen Gläubigen täte es im Umgang miteinander gut, nicht immer gleich zu antworten oder zu reagieren, sondern erstmal innezuhalten und sich bewusst zu sein, dass Gott alle Menschen gleich liebt. Er rief die Gemeinde dazu auf, sich gegenseitig in dieser Liebe zu begegnen. Es sei relativ einfach, zu sagen „Ich liebe Gott“ – jedoch im alltäglichen Umgang dem Nächsten in der Gemeinde, am Arbeitsplatz oder wo immer in dieser Liebe zu begegnen sei wesentlich schwieriger. Es gäbe durchaus Situationen, in denen man manchmal die Lust verspüren würde, „fünf Minuten mal nicht Christ zu sein“. Es gehe aber darum, in jeder Minute an der Liebe Jesus Christus als Christ erkennbar zu sein.
3. Ein weiterer Aspekt von „treu“ lasse sich am Halten der Gelübde festmachen. Schon bei der Taufe, aber ganz bewußt bei der Konfirmation hätten wir das Versprechen abgelegt, „dem Teufel und all seinem Werk und Wesen zu entsagen“. Das sei nicht immer einfach, zumal das Böse genau an unseren Schwachstellen ansetzen würde. So hatte der Teufel Jesus Christus in der Wüste versucht, als dieser nach Tagen des Fastens starken Hunger hatte, und zu ihm gesagt „Sprich nur ein Wort und aus diesen Steinen wird Brot“ – auch damals hatte der Satan genau an dem schwachen Punkt, in diesem Fall der starke Hunger, angesetzt… Als weiteres Versprechen nannte er das Eheversprechen. Er rief die Ehepaare dazu auf, im Umgang miteinander den Gedanken an die Wiederkunft Jesus Christus wachzuhalten, dann wäre der Umgang miteinander ein besserer…
4. Treue liege auch im vorletzten Wort aus Psalm 101,6 „dienen“. Bischof Vester nahm Bezug auf ein Gleichnis Jesu, als ein Herr für eine gewisse Zeit in die Fremde ging, heute würde man sagen "ins Ausland reiste" und seinen Dienern Silber anvertraute, mit dem diese in seiner Abwesenheit arbeiten sollten. Dem ersten gab er fünf Zentner Silber, dem zweiten zwei Zentner Silber und dem dritten einen Zentner Silber. Als der Herr nach seiner Reise zurückkehrte, hatte der erste aus den ihm anvertrauten fünf Zentnern zehn Zentner gemacht, der zweite aus zwei Zentnern vier und der dritte hatte das Silber vergraben und gab seinem Herrn nur das zurück, was er empfangen hatte – er hatte nicht damit gearbeitet. Die ersten beiden wurden nicht nur als wertvolle, sondern als „treue“ Diener gelobt. Bischof Vester rief die Gläubigen auf, mit den jeweils individuellen Gaben, die Gott jedem einzelnen anvertraut hat, zu arbeiten. So hätte der eine die Gabe, andere zu begeistern und könne das in die Gemeinde und das Lebensumfeld einbringen, ein anderer hätte die Gabe zuzuhören… alle Gläubigen seien aufgefordert, Jesus Christus quasi als „Bodenpersonal“ mit ihren Gaben zu dienen und damit im Sinne des genannten Gleichnisses zu arbeiten. Auch die Seelsorge sei nicht alleine Aufgabe der Amtsträger der Kirche, sondern Aufgabe jedes einzelnen Gläubigen.
In einem Predigtbeitrag nahm Evangelist Helmut Kappes Bezug auf eine Geschichte über ein Königreich, das von einem grausamen König beherrscht wurde. Immer zum Jahreswechsel schickte dieser König seinen Boten durch das Land, um seinen Untertanen die Pläne für das neue Jahr kundzutun. So machte sich zum Jahreswechsel auch ein Bauer aus einem weit entlegenen Ort des Königreichs auf in die nächste Stadt, um vom Boten des Königs die neuen Pläne zu erfahren. Statt der erwarteten schlechten Nachrichten erzählte der Bote, dass ein neuer König das Land regiere, der alle Untertanen persönlich besuchen wolle und wünsche, dass es allen Menschen in seinem Reich gut gehe… Daraufhin zog der Bauer freudig nach Hause und baute einen neuen Tisch für den Besuch des Königs. Auch baute er ein zusätzliches Haus, damit es dem König bei seinem Besuch an nichts fehlen solle. Und das Jahr ging vorbei und der König war nicht gekommen. Aber er hörte nicht auf, auf den König zu warten. Und auf die ständigen Fragen anderer, warum er das alles getan hätte und immer noch warten würde, antwortete er stets: „Ich sah das Leuchten in den Augen des Boten…“. Nach zwanzig Jahren kam der König tatsächlich zu dem entlegenen Hof und entschuldigte sich, dass er so lange gebraucht hätte… der Bauer antwortete darauf: “Schon seit dein Bote mit der frohen Botschaft zu uns kam, warst Du die ganze Zeit bei uns!“ Diese Geschichte könne übertragen werden auf einen festen Glauben an Jesus Christus und sein Versprechen, wiederzukommen – auch heute haben wir als gläubige Christen durch die „Boten“ Jesu Christi eine frohe Botschaft empfangen…
Im Anschluss an den Gottesdienst und die persönliche Verabschiedung des Bischofs und der Kirchengemeindevorsteher von den Gläubigen wurde der Jahresbeginn mit einem gemeinsamen Neujahrs-Brunch gefeiert.