Eine breitaufgestellte Tagung hatte der Rat der Religionen Sinsheim unter Federführung von Inge Baumgärtner, Integrationsbeauftragte der Stadt Sinsheim, für den Donnerstag, 5. Mai 2022 vorbereitet. Auch die neuapostolische Kirchengemeinde Sinsheim - Gründungsmitglied des Sinsheimer Rates der Religionen - war mit einem Stand in der Dr.-Sieber-Halle vertreten, während Bezirksälteste i. R. Helmut Hoffmann im Podiumsgespräch am Nachmittag den Rat der Religionen im Odenwald vorstellte.
Ab 15:30 Uhr stellten sich die sechs christlichen, in der Stadt Sinsheim vertretenen Kirchengemeinden sowie die Bahá‘´i Gemeinde und die Gemeinschaft des Islam e. V. an ihren Ständen vor. Ab 16:00 Uhr lockte Musik von Valentina Herz am Flügel in den großen Saal zur Begrüßung. Inge Baumgärtner streifte die rasante Entwicklung des Sinsheimer Rat der Religionen: Auf Initiative des baden-württembergischen Ministers für Soziales und Integration, Manne Lucha startete 2017 ein interreligiöser Dialog in Sinsheim, gefolgt von einer beachteten Ausstellung zum Thema „Weltreligionen – Weltfrieden – Weltethos“ in 2018. Als hätte man nur darauf gewartet, trafen sich die Delegierten der verschiedenen Gemeinden regelmäßig an wechselnden Orten, um die Sinsheimer Erklärung zu verfassen, die im Februar 2020 von allen Mitgliedern feierlich unterzeichnet wurde.
Podiumsgespräch
Dr. Theresa Beilschmidt von der Stiftung Weltethos, Tübingen begrüßte im Podiumsgespräch Vertreter von vier weiteren „Räten“ in Karlsruhe, Ludwigsburg, Michelstadt und Stuttgart. Muhittin Soylu berichtete, wie die Anschläge vom 9. September 2001 in Ludwigsburg ein Bedürfnis nach gemeinsamen Friedensgebeten geweckt hatten und daraus ein „Dialog der Religionen“ mit gemeinsamen Aktivitäten entstanden sei. So lade die islamische Gemeinde alljährlich zum Fastenbrechen auf den Marktplatz ein, der von den beiden großen christlichen Kirchen gesäumt werde. Susanne Jakubowski vom seit 2016 bestehenden Stuttgarter Rat der Religionen sieht sich als Koordinatorin zwischen den verschiedenen Religionen.
Bezirksälteste i. R. Helmut Hoffmann stellte den 2015 gegründeten Rat der Religionen Odenwald mit seinen zwölf Mitgliedern vor, der nicht zwischen interkulturell und interreligiös unterscheide und sich durch regelmäßigen Dialog zu einem vertrauensvollen Netzwerk entwickelt habe. Die „Interkulturelle Woche“ biete alljährlich ein breitgefächertes Angebot von Veranstaltungen und strahle weit über den Odenwald hinaus. Vom Garten der Religionen in Karlsruhe berichtete Christoph Rapp als Ort des interreligiösen Dialogs.
Gesellschaftlichen Zusammenhalt mit Toleranz, Freundschaft und Frieden fördern, Vorurteile abbauen, gemeinsame Friedensgebete mit Gedenken der Opfer von Krieg und Terror – diese klar definierte Aktionen zogen sich bei allen Vorstellungen wie ein roter Faden hindurch.
„Perspektiven der Zusammenarbeit der Religionen und Zivilgesellschaft – gerade/auch in unruhigen Zeiten“
So lautete der Vortrag von Ulrich Schneider, Geschäftsführer der Stiftung Friedensdialog der Weltreligionen und Zivilgesellschaft. Anschaulich stellte er den globalen friedensstiftenden Ansatz von „religions for peace“ und „ring for peace“ vor. Themenschwerpunkte wie Frieden und Sicherheit, humanitäre Hilfe, Bewahrung der Schöpfung, gleichberechtigte Teilhabe, Intergenerationendialog, interreligiöser Dialog mit gegenseitigem voneinander Lernen stoßen Entwicklungen an, die beispielsweise in Nigeria dazu geführt haben, dass Gotteshäuser gegenseitig religionsübergreifend geschützt werden.
Fishbowl-Diskussion
Mit Prof. Dr. Elisabeth Hartlieb, Beauftragte der evangelischen Landeskirche in Baden für das christlich-islamische Gespräch, Prof. Dr. Jürgen Kegelmann, Ethik- und Nachhaltigkeitsbeauftragter der Verwaltungshochschule Kehl und Prof. Dr. Lars Castellucci MdB neben Ulrich Schneider auf dem Podium eröffnete sich eine weitere Perspektive in der gesellschaftlichen Wahrnehmung. Prof. Hartlieb skizzierte die Räte der Religionen als Abbild der Gesellschaft in ihrer Diversität. Prof. Castellucci stellte fest, dass Religiosität zum Menschen gehöre und es die gemeinsame Aufgabe der Religionen sei, miteinander die Religionsfreit zu sichern. Prof. Kegelmann mahnte Respekt und gegenseitige Wertschätzung an mit „Gemeinsam sind wir stark in Vielfalt“. Das geplante Demokratiefördergesetz um Hass und Hetze entgegenzuwirken sprach Prof. Castellucci an und forderte dazu auf, den Dialog zu suchen, Konflikte auszuhalten und damit am gesellschaftlichen Frieden mitzuarbeiten.
Mit herzlichen Dankesworten und kleinen Präsenten beendete Inge Baumgärtner die Veranstaltung mit dem einstimmigen freundschaftlichen Fazit: „Wir sehen uns wieder!“