Auf Initiative des überbezirklichen Trauergesprächskreises Heidelberg-Mannheim fand am Samstag, 23. April 2022 eine Führung durch den Lebensgarten, den symbolischen Trauerweg auf dem Karlsruher Hauptfriedhof statt. Interessierte aus dem gesamten Apostelbereich hatten sich dazu angemeldet.
Um 11:45 Uhr begrüßten zwei Ehrenamtliche des Vereins zur Pflege der Friedhofs- und Bestattungkultur am Hauptfriedhof Karlsruhe die Besucherinnen und Besucher aus den Kirchenbezirken Calw, Heidelberg, Karlsruhe, Pforzheim und Söllingen. Die Führung in zwei Kleingruppen startete mit Wissenswertem zur Geschichte des Friedhofes. 1874 wurde der Karlsruher Hauptfriedhof als erster kommunaler Parkfriedhof nach den Plänen von Josef Durm (1837 – 1919) eröffnet und lag eine halbe Stunde Fußmarsch vor der Stadt. Der Karlsruher Stadtbaumeister hatte die Gesamtanlage zum Gedenken und Lustwandeln nach Prinzipien der englischen Gartengestaltung entworfen und sich beim Campo Santo mit der großen Kapelle an der italienischen Frührenaissance orientiert. Heute erstreckt sich der Friedhof über eine Fläche von 34 Hektar mit mehr als 30.000 Grabstellen.
Lebensgarten
Über breite, mit altem Baumbestand gesäumte Wege erreichten die Besucher den „Lebensgarten“. Der gut begehbare Weg führte zu einem überdachten, in Stein gefassten Durchgang, an den rechts und links ein hoher Holzzaun anschloss – dahinter: steinernes Lavasteinchaos, unwegsames Gelände, undichtes Dach. So verändere der Tod eines geliebten Menschen das Leben der nahestehenden Angehörigen – von jetzt auf nachher sei nichts mehr wie es war. Persönliche Ratlosigkeit mit „Warum nur?“ wurde so bildhaft begreifbar.
Vorsichtig bahnten sich die Besucher den Weg über das Geröll zur symbolischen Himmelsleiter und sahen sich mit der Einsamkeit des Trauernden konfrontiert. Die Trauerbuche beschirme einen geschützten Bereich, in dem auch Wut zugelassen sei. Erstarrung und Unsicherheit veranschaulichten die nächsten Stationen. „Bleib doch stehen“ – die Skulptur symbolisiere die unterschiedlichen Lebensrhythmen und -perspektiven des Trauernden und seiner Mitmenschen. Eine geschwungene Bank lade den Trauernden zur Trauerpause ein, vom Schweren einmal Pause zu machen, um etwas zu tun, was guttut. Weiter führte ein mäandernder Weg durch das Auf und Ab der Gefühle und Bedürfnisse wie darüber reden, schweigen, erinnern wollen. Das schwankende Brett mache Mut beim Loslassen der Todessehnsucht, während die vorwärts als auch rückwärts gerichtete, janusköpfige Stele Entscheidungshilfe biete, das eigene Leben mit der Trauer neu zu gestalten. Neues Leben sei nur mit und nicht nach der Trauer möglich – darüber waren sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer einig.
Kinderwelten
Als nächste Station tauchten die beiden Gruppen in die Kinderwelten ein – einem kindgerechten Trauerbereich. Was zunächst wie ein ganz gewöhnlicher Spielplatz aussah und normale, heile Welt suggerierte, erstarrte nach dem Gang über die hölzerne Brücke zum Stillstand: Die Schaukel und die Wackeltieren ließen sich nicht mehr bewegen, die Sandelförmchen festbetoniert und die Rutsche nicht mehr nutzbar. Tief berührt studierten die Besucherinnen und Besucher Texte und Bilder der Kinder der Trauergruppe auf den Spielgeräten und Schautafeln. Verwunderung weckten die beiden Holzskulpturen: während im Eingangsbereich ein Mann ein Kind auf seinen Schultern trägt, ist es im Trauerbereich genau umgekehrt, denn das trauernde Kind sorge sich nach dem Verlust eines Elternteils auch um das verbleibende Elternteil.
Nach dem Besuch des Sternenkinderfeldes schlenderten die Besucherinnen und Besucher nachdenklich geworden zum großen Brunnen auf dem Campo Santo – reicher um viele Empfindungen, Emotionen und neue Perspektiven.