Apostel Martin Rheinberger feierte mit der neuapostolischen Kirchengemeinde Michelstadt am 10.03.2021 einen festlichen Abendgottesdienst, in dem der Gemeindevorsteher Priester Jürgen Augat nach fast 43 Jahren als Amtsträger und davon 22 Jahren als Gemeindevorsteher in den Ruhestand verabschiedet wurde.
Der Predigt legte Apostel Rheinberger das Bibelwort Psalm 68,20 zugrunde:
"Gelobt sei der Herr täglich. Gott legt uns eine Last auf, aber er hilft uns auch."
Er erzählte zu Beginn der Predigt, wie er bei einsetzender Dunkelheit über Amorbach nach Michelstadt gefahren und froh gewesen sei um jedes Licht, das er gesehen habe, auch sehr froh um das Licht seines Autos. Er übersetzte die Bedeutung des Lichts auf den seelischen Bereich: In dunklen Stunden des Lebens wäre man ebenfalls um jedes Licht froh. Zum einen könne man froh sein über das Licht Gottes, das der Psalmdichter so ausgedrückt hätte: "Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Weg" (Psalm 119,105). Gott sei unser Licht, er sei bei uns. Auch wenn wir nicht kilometerweit sehen würden, so könnten wir doch den nächsten Schritt erkennen und damit die Sicherheit erleben, dass Gott mit uns sei. Froh wären wir zum anderen über kleine Lichter an unserem Lebensweg, in Form von Schwestern und Brüdern, die uns anrufen oder eine E-Mail schreiben, die sich mit uns freuen, wenn es uns gut geht, die uns trösten, wenn es uns nicht gut geht, die mit uns trauern würden, wenn wir traurig wären. Das alles gäbe uns ein Gefühl der Geborgenheit innerhalb der Gemeinde.
Apostel Rheinberger führte zum ersten Teil des Bibelworts "Gelobt sei der Herr täglich“ aus, dass es nicht darum gehe, Gott in schwierigen Situationen ein Lied zu singen und sich zu sagen „alles nicht so schlimm“. Es ginge auch nicht darum, dass einem Menschen in Depressionen gesagt würde „du musst einfach mehr glauben, beten und Gott vertrauen und dann wird alles wieder gut“. Auch wenn Menschen in Trauer gekommen seien, wolle dieses Bibelwort nicht sagen, dass man in solchen schwierigen Situationen fröhlich sein müsse und nicht trauern dürfe, im Gegenteil.
„Gelobt sei der Herr täglich“ wäre aber ein gutes Rezept gegen die Mühlen oder das gefühlte Hamsterrad des Alltags. Und zwar unabhängig von den jeweiligen Lebensumständen. Er führte aus, dass man täglich Gott loben könne, ihm zu dienen. Oft würden Menschen denken und äußern, Gott könne froh sein, dass man ihm dient. Es sei aber genau umgekehrt. Als Beispiel führte er an, dass viele Glaubensgeschwister vor der Pandemie die Chorproben als Belastung gesehen hätten, heute wären die selben Geschwister froh, wenn sie wieder in die Chorprobe gehen könnten und Sonntags im Chor singen könnten. Wer Gott erleben wolle, müsse ihm dienen. Im Dienen würde Gott die Menschen auf vielfältige Weise erleben lassen, dass er bei ihnen ist. Deshalb sei es berechtigt zu sagen "lobt Gott, dass ihr ihm dienen könnt!“
Und Gott sei nicht nur bei uns, er bleibe auch bei uns. So sei Jesus Christus auch bei den Emmaus-Jüngern geblieben, obwohl sie ihn nicht erkannt hätten. Und obwohl sie aus Jerusalem weggelaufen und sich damit auf einem falschen Weg befunden hätten. Wir könnten Gott also auch loben, dass er bei uns bleibt, selbst dann, wenn es aus menschlicher Sicht tausend Gründe gäbe, uns zu verlassen. Gott bleibe bei uns.
Auch Jesus habe nach einer langen Predigt darauf bestanden, dass die Menschen bei ihm bleiben können, obwohl seine Jünger sie wegschicken wollten, weil nicht genug zu essen vorhanden war. Jesus habe das wenige gesegnet und so konnten alle bei ihm bleiben (Speisung der 5000). Gott wolle auch heute, dass wir bei ihm bleiben und er bleibe bei uns.
Wir könnten Gott auch jeden Tag dafür loben, dass er seinen Sohn wiedersende. So könne man sich auch im Getriebe des Alltags sagen und bewusst machen: „Ich warte heute auf das Wiederkommen Jesus“.
Schwieriger zu verstehen sei der zweite Teil des Psalmverses in der Lutherübersetzung: "Gott legt uns eine Last auf“. Warum mache das Gott? Er könne es schließlich in seiner Allmacht auch verhindern. Apostel Rheinberger führte aus, dass Gott zwar Situationen, die uns belasten würden, zulasse, aber immer die Kraft gebe, diese Lasten zu tragen. Es sei vergleichbar einer schulischen Prüfung, die ja nicht für den Lehrer, sondern für die Schüler gemacht sei, damit diese überprüfen könnten, wo sie stehen. So seien von Gott zugelassene Prüfungen auch für uns wichtig, um Anspruch und Wirklichkeit in unserem Leben als Christen zu überprüfen und gegebenenfalls nachzukorrigieren.
Die Züricher Übersetzung des 68. Psalm würde einen ganz anderen Blickwinkel beleuchten: "Gepriesen sei der Herr Tag für Tag, der uns trägt, der Gott, der unsere Hilfe ist". In dieser Übersetzung sei Gott nicht derjenige, der uns eine Last auflegt, sondern derjenige, der uns trage. Gott schicke uns Engel die uns trösten… manchmal seien wir ein Engel für andere, für den Nächsten, um zu helfen und zu trösten. Gott helfe uns auch schwer erträgliches zu tragen, zum Beispiel die Ungerechtigkeit der Welt. Wenn wir sehen würden, dass das Böse scheinbar die Überhand gewinnt oder dass das Gute scheinbar nicht durchdringt und Menschen, die Gutes tun, oft den kürzeren ziehen würden. Diese Ungerechtigkeiten könnten sehr belastend sein. Letztlich würde aber das Gute siegen, weil Jesus Christus das Böse überwunden hat. Diese Gewissheit würde es uns erleichtern, Ungerechtigkeit zu sehen oder zu erleben. Auch das Wissen, dass Gott letztlich Recht schaffen würde und sich jeder Mensch vor Gott verantworten müsse. Es gäbe die Gerechtigkeit Gottes. Papst Benedikt habe einmal gesagt: „ Die Gerechtigkeit Gottes zeige sich am Besten darin, dass er jedem Menschen gerecht wird.“ So könnten wir Gott jeden Tag loben, dass er uns in unserer Unvollkommenheit gerecht würde.
Es gäbe noch eine andere Last, die wir oft gar nicht als schwer empfinden würden – die Last der Sünde. Auch wenn viele das in unseren aufgeklärten Zeiten nicht gerne gehört würden. Unsere Sünden würden uns belasten, so wie es Dietrich Bonhoeffer in dem Lied "Von guten Mächten treu und still umgeben“ formuliert habe "Noch will das alte unsre Herzen quälen, noch drückt uns böser Tage schwere Last.… .Aber das Schöne sei, Gott trage die Last unserer Sünden! Wir sollten daran denken, wenn uns Dinge, die nicht gut gelaufen wären quälen würden, dass Jesus Christus die Last unserer Sünden trägt. Der Sohn Gottes habe für uns das Opfer gebracht hat. Auch dafür könnten wir jeden Tag Gott loben.
Bischof Jörg Vester ergänzte unter anderem in seinem Predigtbeitrag, dass schon Asaf (ein Sippenvorsteher der levitischen Tempelsänger) im Psalm 73 die Last der Ungerechtigkeit der Welt beschrieben habe: "Ich aber wäre fast gestrauchelt mit meinen Füßen; mein Tritt wäre beinahe geglitten. Denn ich ereiferte mich über die Ruhmredigen, als ich sah, dass es den Gottlosen so gut ging.“ Er habe also an der Ungerechtigkeit beinahe seinen Glauben verloren. Asaf sei dann aber ins Heiligtum gegangen und habe dort das Ende der Gottlosen gesehen: „So sann ich nach, ob ich’s begreifen könnte, aber es war mir zu schwer, bis ich ging in das Heiligtum Gottes und merkte auf ihr Ende.“ Auch wir könnten uns daran ein Beispiel nehmen, einfach ins Heiligtum Gottes gehen und dort auf unsere Zukunft schauen: die ewige Gemeinschaft mit Gott. Dafür könnten wir jeden Tag Gott loben.
Im Anschluss an den Predigtteil und die Feier des Heiligen Abendmahls verabschiedete Apostel Rheinberger den langjährigen Gemeindevorsteher der Kirchengemeinde Michelstadt, Priester Jürgen Augat, in den Ruhestand. Er betonte die vielen Zeitopfer, die Jürgen Augat in fast 43 Jahren als Amtsträger der Kirche aus Liebe zu Gott gebracht hätte, so seien schon alleine 50 Kilometer Anfahrt zum Gottesdienst oder zu den vielen Krankenbesuchen neben dem finanziellen auch ein großes Zeitopfer gewesen. Apostel Reinberger betonte auch, dass Priester Augat die neuapostolische Kirchengemeinde in 9 Jahren als Gemeindevorsteher zu einem sehr gastfreundlichen Ort gemacht habe, auch für unsere Brüder und Schwestern aus anderen kirchlichen Gemeinden in Michelstadt. Mit dieser Gastfreundschaft sei er dem Beispiel Jesus gefolgt.
Im Juli 2020 wurde dem Bezirksevangelisten Peter Dambach zusätzlich zu seinen Aufgaben im Kirchenbezirk Heidelberg die Leitung der Kirchengemeinde Michelstadt anvertraut.